500 Windräder sollen nach dem Willen der Landesregierung in den kommenden Jahren landesweit im Staatswald entstehen. Dass dieses Ziel vermutlich nicht so einfach zu erreichen ist, verdeutlicht ein brisantes Schreiben vom April 2023. Darin bittet Forst BW die Landesministerien, die für die Umsetzung der Windkraftpläne des Landes zuständig sind, um Unterstützung. Es sei laut Forst BW förderlich, wenn bereits für Windkraft verpachtete Flächen im Staatswald auch in die Windkraft-Vorrangflächen der Regionalverbände aufgenommen würden. Als Beispiel führt der Forstbetrieb die Staatswaldfläche im Plattenwald bei Mühlacker an, wo nach aktuellen Angaben des Projektierers immerhin neun Anlagen entstehen sollen. Wegen des dortigen FFH-Gebiets wurde die Fläche vom Regionalverband Nordschwarzwald jedoch nicht in die Suchraumkulisse aufgenommen. Forst BW fürchtet nun, dass deshalb aus den Anlagen nichts werden könnte. Nachrichtlich informiert wurde deshalb auch der Regionalverband selbst, der aktuell mit der Erstellung eines Teilregionalplans für Windkraft befasst ist.
Als klaren Versuch einer Einflussnahme auf die Windkraftpläne des Regionalverbands bezeichnet nun der FDP-Enzkreisabgeordnete Prof. Dr. Erik Schweickert das Schreiben der Forstanstalt. „Der Nordschwarzwald befindet sich in der glücklichen Lage das 1,8-Prozent-Ziel erreichen zu können, ohne dafür FFH-Gebiete opfern zu müssen. Wenn Forst BW nun so an die Landesregierung, die die Windkraftpläne im Staatswald ursächlich zu verantworten hat, herantritt, ist das ein klarer Versuch, Druck auf den Regionalverband auszuüben“, findet der liberale Abgeordnete deutliche Worte.
Schweickert hatte die Frage der Einflussnahme zuletzt in einer mündlichen Anfrage im Landtag auf die Tagesordnung gebracht. Den von Staatssekretärin Sabine Kurtz dort vorgebrachten Einwand, dass das Schreiben an die Ministerien und nicht den Regionalverband, der sich seiner starken Position ja ohnehin bewusst sei, gerichtet wurde, will Schweickert nicht gelten lassen. Wer ein solches Schreiben an die Ministerien versende, hege die Erwartung, dass die Forderung nach einer Berücksichtigung der Flächen dann auch an die Regionalverbände weitergetragen werde. „Die nachrichtliche Information der Regionalverbände über das Schreiben ist wahrscheinlich mit der Hoffnung verbunden, dass diese in quasi vorauseilendem Gehorsam bisher nicht berücksichtigte Staatswaldflächen ins Auge fassen, bevor die Landesregierung damit an sie herantritt. Andernfalls hätte Forst BW auch einfach das direkte Gespräch mit den Verbänden suchen können, aber vermutlich rechnet man sich dort nur geringe Erfolgschancen aus“, so die Vermutung des Enzkreisabgeordneten.
Der ganze Vorgang macht aus Sicht Schweickerts zudem noch einmal das Kernproblem der Windkraftpläne des Landes deutlich. „Dass das Land seit Juli 2021 damit vorgeprescht ist, willkürlich Flächen im Staatswald für Windkraft auszuweisen, bevor die Regionalverbände eigene Kriterien und Vorranggebiete festlegen konnten, war ein großer Fehler, der überhaupt erst in die jetzige Situation geführt hat. So sind die Forst BW-Pläne kein Vorbild, sondern eher ein abschreckendes Beispiel. Die Landesregierung sollte lieber auf die Kompetenz der Regionalverbände vertrauen. Die gesetzlichen Vorgaben zum Windkraftausbau sind ohnehin eindeutig genug“, kritisiert Schweickert das Vorgehen der Landesregierung.