Residenzbahn: Fernverkehr mit erheblichen Auswirkungen auf Nahverkehrszüge
Der Fernverkehr läuft, der Nahverkehr wartet und kommt verspätet. Diesen Eindruck haben nicht nur viele Fahrgäste auf der Residenzbahn, er entspricht in vielen Fällen auch der Realität, wie eine Kleine Anfrage (Drucksache 16/9434) des Enzkreisabgeordneten Prof. Dr. Erik Schweickert zum Einfluss von Verspätungen des Fernverkehrs auf den Nahverkehr ergab. „Ein erheblicher Teil der Verspätungen im Nahverkehr ist eine Folge des Vorrangs der Fernverkehrszüge. Gerade auf einer vielbefahrenen Strecke wie der Residenzbahn sind Verspätungen aus Zugfolgeproblemen zwar nicht verwunderlich, das Ausmaß der Auswirkungen des Fernverkehrs ist jedoch durchaus überraschend“, so Schweickert. So entstanden bei Go-Ahead bis zum Beginn der Schnellfahrstreckensperrung im April 2020 15,2 % aller Zusatzverspätungen in Folge von Problemen des Fernverkehrs und auch während der Streckensperrung betrug dieser Anteil noch 12,8 %. Auch bei Abellio und der AVG sind die entsprechenden Zahlen nicht besser. Den „besten“ Wert erreicht noch Abellio mit 9,6 % vor Beginn der Schnellfahrstreckensperrung.
Interessant ist, dass diese hohen Zahlen zustande kommen, obwohl nur vergleichsweise wenige Fernverkehrszüge täglich auf der Residenzbahn verkehren. Sowohl in 2020 als auch 2021 waren dies nur neun Fernverkehrszüge pro Tag und Richtung, zusätzlich wurden während der Schnellfahrstreckensperrung noch bis zu fünf ICE/TGV-Züge über die Strecke geführt. Die Probleme entstehen vielmehr zum Großteil in den beiden Bahnknotenpunkten Stuttgart und Karlsruhe, die am jeweiligen Ende der Strecke liegen. Auch der Knotenpunkt Mühlacker stellt ein vergleichsweise größeres Problem dar, wohingegen der Pforzheimer Hauptbahnhof bei den Betreibern Abellio und Go-Ahead vergleichsweise wenig betroffen war. „Es zeigt sich, dass gerade dort, wo viele Züge aus verschiedenen Richtungen aufeinandertreffen, massive Probleme auftreten können“, erklärt Schweickert. Unterstützt wird die Aussage des Abgeordneten, wenn man die Ursachen betrachtet. So entstehen ca. 90 % aller zusätzlichen Verspätungen in diesem Zusammenhang aus Problemen bei der Zugfolge. „Der Vorrang der schnelleren Fernzüge macht sich hier deutlich bemerkbar und führt zu großen Nachteilen bei Nutzern des Nahverkehrs“, so der Enzkreisabgeordnete weiter. Wichtig sei deshalb, dass der Fernverkehr reibungslos ablaufe.
„Die großen Pünktlichkeitsprobleme auf der Residenzbahn sind hinlänglich bekannt. Nun zeigt sich auch, dass der Fernverkehr großen Einfluss darauf besitzt. Die Deutsche Bahn und das Land müssen deshalb auch gemeinsam daran arbeiten, den Verkehr auf der Residenzbahn und im gesamten Bahnnetz zu stabilisieren und zu verbessern. Davon profitiert die Attraktivität des Schienenverkehrs insgesamt, denn nur so können die ambitionierten Ziele, mehr Fahrgäste auf die Schiene zu bringen, erreicht werden“, fordert Schweickert schließlich.